Pferdeosteopathie
Moja Grünberg

Grundlagen

Im Optimalfall ist der Bewegungsablauf eines Pferdes harmonisch und schmerzfrei. Eine wichtige Voraussetzung hierfür besteht darin, dass das Pferd blockadefrei ist. Stören jedoch Blockaden den Bewegungsablauf, kann eine osteopathische Behandlung hilfreich sein. Osteopathen untersuchen und behandeln die Auswirkungen von Bewegungseinschränkungen, die durch Veränderungen, wie z.B. Narben, Bänder- und Gelenksverklebungen, Gelenkblockierungen, Muskelverkürzungen oder –verspannungen, hervorgerufen werden.

Die Osteopathie ist eine ganzheitliche mechanische und manualtherapeutische Behandlungsmethode. Entsprechend werden so viele Informationen wie möglich über das Pferd erfasst. Angefangen von der Art der Aufzucht, des Antrainierens und der Haltung, über Hufe, Zähne und Sattel, bis hin zur Reitweise und noch vieles mehr. Denn all diese Faktoren haben Einflussauf das Wohlbefinden des Pferdes.

Beispielsweise ist die Wahrscheinlichkeit, Rückenprobleme zu entwickeln, bei einem Pferd, das eine zu hohe Boxentür/Wand hat, deutlich höher als bei einem Pferd aus dem Offenstall, weil dieses seinen Kopf meist zum Fressen auf dem Boden hat. Sitzt der Sattel beim Pferd nicht optimal, kann das zum Festhalten des Rückens und dadurch zur Blockade führen. Genauso kommt es in jeder Pferdesportart durch die Reitweise zu spezifischen Belastungen.

Dabei ist die Ursache für die gezeigten Symptome nicht immer am gleichen Ort zu finden. Da die Bewegungen durch den gesamten Körper laufen und die Muskeln in Ketten funktionieren, kann beispielsweise ein blockiertes Kopfgelenk zur Verspannung der Halsmuskulatur führen, was Einschränkungen der Schulterbeweglichkeit nach sich zieht, wodurch das Pferd ungleiche Schritte macht, taktunrein oder lahm ist.

Vier Grundsätze

Der Begründer der Osteopathie, Dr. Andrew Taylor Still, hat vier Grundsätze für die Osteopathie aufgestellt:

Die Wechselbeziehungen zwischen Struktur und Funktion

Durch die Funktion, die ein Pferd ausfüllt (z.B. Training), können wir die Struktur des Pferdes verändern, so dass der Muskelumfang zunimmt und die Knochen stabiler werden. Je besser also die Struktur ist, desto besser wird sie funktionieren. Umgekehrt heißt das: Ist die Struktur geschädigt, wird auch die Funktion eingeschränkt oder verändert. So führt beispielsweise eine Blockade im Widerristbereich der Brustwirbelsäule durch einen unpassenden Sattel dazu, dass das Pferd seinen Rücken nicht mehr aufwölben kann, die Rückenmuskulatur verspannt und das Pferd zum Passgänger wird.

Die arterielle Regel

„Eine beeinträchtigte Arterie markiert auf die Stunde und Minute genau den Beginn, an dem eine Krankheit im Körper den Samen der Zerstörung sät. Die Arterie muss überall und jederzeit absolut ungehindert das Regiment führen können oder eine Krankheit wird folgen.“ (Dr. Andrew Taylor Still)

Alle Organe, Muskeln und Zellen in jeder Körperregion sind von einer guten Flüssigkeitsversorgung abhängig. Die Flüssigkeitszufuhr kann durch verkrampfte Muskulatur, durch Narben oder Blockaden beeinträchtigt werden. Die dann unterversorgten Gebiete sind in ihrem Stoffwechsel gestört und in ihrer Funktion geschwächt. Es kommt zu Gewebeveränderungen, Gewebeübersäuerungen und Schmerzen. In solchen Gebieten können sich Infektionen leichter entwickeln, da die Abwehrkräfte des Körpers hier eingeschränkt sind. Beim Pferd findet man dies häufig am Huf durch Stellungsfehler oder falschen Beschlag.

Die Gesamtheit des Körpers

Der Körper ist mehr als die Summe seiner Einzelteile. Das heißt, hat der Körper an einer Stelle eine Störung, wird sich diese auf die Gesamtheit des Körpers auswirken. Eigentlich kennen wir das alle: Haben wir Schmerzen am großen Zeh (Vielleicht stand das Pferd drauf?), weichen wir dem Schmerz beim Gehen aus und drehen den Fuß nach innen. Dadurch rotieren auch Knie und Hüftgelenk nach innen, die Stellung des Beckens verändert sich, die Muskeln und Bänder kommen unter einen ungewohnten Zug und das Becken kippt nach vorne. Dadurch verändert sich die Haltung der gesamten Wirbelsäule und schließlich tut der Nacken weh. Genauso funktioniert es auch beim Pferd.

Bewegungen finden in Muskelketten statt, die Knochen dienen der Kraftübertragung, Gelenke der Beweglichkeit. Faszien sind dünne bindegewebige Schichten, die die Organe und Muskeln überziehen und voneinander trennen, so dass unterschiedliche Funktionen nebeneinanderliegender Muskeln möglich sind. Faszien können aber auch durch Entzündungen der Muskeln oder Organe, an denen sie liegen, verkleben. Auch Narben können die Funktionen der Faszien beeinträchtigen. Diese Funktionen wieder herzustellen, sind Aufgabe und Kunst des Osteopathen.

Die Fähigkeit zur Selbstheilung

Durch das Lösen von Blockaden und die Wiederherstellung des harmonischen Bewegungsflusses werden die venöse und arterielle Durchblutung und der Lymphfluss wiederhergestellt. Der Osteopath gibt dem Körper durch gezielte Manipulationen einen Reiz, sein gestörtes Gleichgewicht wieder zu erlangen.

Ablauf einer osteopathischen Behandlung

Nach einer ausführlichen Befragung (Anamnese) der Pferdehalterin bzw. des Pferdehalters und einer Analyse des Pferdes im Stand und in der Bewegung findet ein Tastbefund statt. Der Osteopath befühlt alle tastbaren Strukturen des Pferdes, achtet dabei auf Temperaturunterschiede auf der Haut des Pferdes, Spannungszustände der Muskulatur und Reaktionen des Pferdes.

Danach beginnt eine ausführliche manuelle Untersuchung aller Gelenke, meist angefangen am Hufgelenk. Hierbei beurteilt der Osteopath die Qualität der Beweglichkeit in den Bewegungsrichtungen eines Gelenkes, die diesem Gelenk biomechanisch möglich sind. Wichtig zur Beurteilung ist neben dem Seitenvergleich auch das Alter des Pferdes. Einschränkungen der Beweglichkeit werden durch Manipulationen unterschiedlicher Art behoben. Verschiedene Techniken stehen hierbei dem Osteopathen zu Verfügung, direkte und indirekte Manipulation oder weiche Mobilisationstechniken.

Das Lösen von Blockaden quittieren die Pferde oft sofort mit Kauen, Schlecken oder Schnauben. Viele Pferde sind nach der Behandlung sehr müde und gähnen oft.

Nach der osteopathischen Behandlung sollte das Pferd 48 Stunden nicht arbeiten und sich möglichst frei bewegen können. Koppelgang ist deshalb sehr zu empfehlen.

Je nach Befund und Zustand des Pferdes wird gemeinsam mit der Halterin/dem Halter ein Trainingsplan besprochen. Um das Erreichte zu erhalten, bekommt der/die Halter/in Übungen an die Hand, die sie/er mit seinem Pferd selbst durchführen kann. Nach vier Wochen findet ein Kontrolltermin statt.



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